Inszenierung im Theatertreff: Falk Richters Satire „Unter Eis“ ist aktueller denn je |
||
Heiko Ostendorf am 15.03.2009 20:29 Uhr
- Münstersche Zeitung
|
||
MÜNSTER Sie propagieren Risiko und wollen den „Aktienindex ins
Unermessliche steigern“. Längst sind diese „Core Values“, diese zentralen
Werte, durch Wirtschaftskrise und Bankenpleiten in Frage gestellt. Doch in
Falk Richters 2004 geschriebenem Theaterstück "Unter Eis" leben drei Manager
noch genau diese Überzeugungen aus. |
||
Sie schimpfen über die „Ineffizienz der Demokratie“ und gleichzeitig
schreit die reale Wirtschaft in Deutschland nach der helfenden Hand des
Staates. Dass die Städtischen Bühnen gerade in diesen Zeiten, in denen die
kapitalistischen Grundfesten erschüttert werden, Richters zweiten Teil seiner
Reihe „Das System“ im Theatertreff (dem ehemaligen Theatercafé) zeigen, ist
bestimmt kein Zufall. Das Werk trifft bei der Premiere am Freitag den Nerv
der Zeit mit spöttischer Präzision.
|
IM WÜRGEGRIFF DER MANAGER, Das Stück „Unter Eis“ passt perfekt in die Gegenwart der globalen Krise |
Von Arndt Zinkant
- Westfälische Nachrichten
|
Das Stück zur Finanzkrise? Der Gedanke kam wohl jedem Premierenbesucher von Falk Richters „Unter Eis“. Dieses Pandämonium von aalglatten Beratern und Effizienzfetischisten, von Analysten und Motivatoren, die eine nicht mehr ganz junge Arbeitsbiene namens Paul Niemand mit einem Wortschwall aus Business-„Denglisch“ in die Zange nehmen; dieser seelisch deformierte Niemand (Marek Sarnowski), der um seine eigene Identität und Sprache ringt – all das führt mitten hinein in jenes System von Konsum- und Marktgläubigkeit, das just an den Rand des eigenen Abgrund getaumelt ist. Die aktuelle Wirklichkeit hat die Falk Richters von 2004 überholt.
|
Die furios und intensiv gespielte Inszenierung von Carola v. Seckendorff zwingt ihr Publikum im kühl gestylten Theatercafe direkt an den Konferenztisch. Dorthin wo „Senior Consultants“ jedes „Case Meeting“ zum Tribunal machen und der normale Angestellte im Würgegriff der Effizienzkontrolle zum Delinquenten schrumpft. Diese Berater spielen Tim Mackenbrock und Bernhard Glose als tanzende Derwische der Coolness. Sie hüpfen und robben über die Tische, grinsen dem Zuschauer ihr eiskaltes Managerlächeln direkt ins Gesicht, werfen sich in asiatische Kampfkunstposen a la Bruce Lee und verfallen schließlich in einen brüllenden Veitstanz, der ihre Hälse dunkelrot anlaufen läßt.
|